Wannweil präsentierte seine Schätze aus dem Gemeindearchiv
Wannweil hatte am letzten Sonntag zum bundesweiten Tag der Archive historische Gemeindeakten gezeigt. Knapp zwei Dutzend Neugierige blickten tief hinein, darunter Bürgermeister-Stellvertreter Erich Herrmann und die SPD-Ortsgruppenvorsitzende Theresia Mann.
„Das Archiv ist das Gedächtnis der Gemeinde“, sagte Wannweils Hauptamtsleiter Volker Steinmaier – jetzt wurden die Schätze erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt.
Im Jahre 1969 ließ Bürgermeister Scherret ein Findbuch anlegen. Es bildet noch heute die Grundlage, um im Rollregal des neuen Rathauses (seit 1996) die teilweise über 250 Jahre alten Akten wiederzufinden. Botho Walldorf betreut seit 2010 ehrenamtlich das Gemeindearchiv. Schon während seiner Berufszeit hatte sich der Rentner Fachkenntnisse angeeignet, wie man mit alten Fotografien fachgerecht umgeht, damit sie erhalten bleiben.
„Das Fleckenbuch von 1658 ist etwas ganz Seltenes. Das gibt es nicht an jedem Ort“, freute sich die Reutlinger Kreisarchivarin Dr. Irmtraud Betz-Wischnath, welche die Dokumente vorstellte. „Man sieht, dass sich die große politische Geschichte auf jeden Ort auswirkt“, sagte die Kreisarchivarin. Sie will sich jetzt zum Ende ihrer über 30 Jahre währenden Dienstzeit als erste Reutlinger Kreisarchivarin noch besonders den Wannweiler Archivalien widmen. Die Bürgermeisterin und der neue Gemeinderat müssen allerdings insbesondere zum Restaurieren der alten Bände Mittel zur Verfügung stellen. Ehrenamtlich ist das nicht zu bewältigen.
„Im Namen des Herrn“ beginnt manches Lagerbuch mit einem lateinischen Anruf, der in Dokumenten des 19. Jahrhunderts dann nicht mehr auftaucht. Auch die Begriffe haben sich geändert: Ein „Güterbuch“ von 1835 ist die Vorstufe zu unserem Grundbuch, welches seit Neuestem elektronisch geführt wird. „Pfand“ heißt heute Hypothek. Ein „Unterpfandbuch“ stellt Grundschulden zusammen. Ein Befehlsbuch sammelte ab 1803 die Vorschriften der württembergischen Regierung. Sie wurden abgeschrieben und teils auch vom Büttel ausgeschellt. Die Wannweiler Ortschelle gilt derzeit als verschollen. Hinweise aus der Bevölkerung, wo sie sein könnte, werden auf dem Rathaus gerne entgegengenommen.
Pflegschaftsakten stellen Buchführungen von Vormündern für die von ihnen betreuten Waisen zusammen. Manche wanderten nach Amerika aus – teils übernahm die Gemeinde die Fahrtkosten und wurde so Sozialfälle los.
Schreinermeister und Ortshistoriker Walter Ott wies noch auf die geplante Ausstellung von Feldpostkarten Wannweiler Bürger hin. Diese werden am Vorabend des 1. Weltkrieges 100 Jahre später, am Donnerstag, den 31. Juli 2014, als nächste Veranstaltung der „Geschichtswerkstatt Wannweil“ im Rathaus gezeigt. Mehrere Teilnehmer bedankten sich ausdrücklich für die informative Veranstaltung.
Das Gemeindearchiv steht jedem Interessierten offen. Ein Nutzungs-Termin kann im Hauptamt, Tel. 9585-21, ausgemacht werden. Für Familienforschung und Schülerreferate werden nach Möglichkeit Informationen auf Papier oder auf elektronischen Medien bereitgestellt.
Gerne werden auch fotografische und schriftliche Nachlässe entgegengenommen. Diese werden für die Zukunft archiviert und staubfrei verpackt. Von dieser Möglichkeit haben schon mehrere „prominente“ Wannweiler Bürger Gebrauch gemacht. Solche Dinge sind im Gemeindearchiv besser aufgehoben als in den Familien, die zunehmend mobiler sein müssen.
Botho Walldorf