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Film, Ausstellung und Buch – Dokumentation über die Geschichte der Spinnerei Wannweil

Auszug aus dem Protokoll der Sitzung der Geschichtswerkstatt Wannweil vom 8. Jan. 2015

„Ein Projekt, welches in die weitere Zukunft reicht, ist der Wunsch einer Dokumentation in Form einer Ausstellung und evtl. einer schriftlichen Fassung (Buch) über die spannende und historisch hochwichtige Geschichte der Spinnerei Wannweil. Kaum ein Unternehmen hat so tiefe Spuren in der Ortshistorie hinterlassen wie die nach dem ersten Weltkrieg von Richard Burkhard übernommene und später zusammen mit Karl Conzelmann geführte Spinnerei und Weberei. Man kann bereits auf eine große Menge Material in Form von Fotos, Dokumenten, Filmen und Zeitzeugeninterviews zurückgreifen. Aber dass es grad diese Fülle ist, deren Aufarbeitung eine Menge Zeit beansprucht, darüber war man sich im Gremium einig. Das heißt, vor 2016 wird es keine Realisation geben können.“

Die Geschichtswerkstatt Wannweil hatte inzwischen mit Herrn Reutter und Frau Bronner von der Fa. Holy, Metzingen die im Folgenden genannten Punkte 1 bis 3 abgeklärt. Die Fa. Holy ist mit all den genannten Vorhaben einverstanden.

In den Sitzungen vom 25.06.2015 und16.07.2015 hat die Geschichtswerkstatt diesen Fahrplan beschlossen:

  1. Rechte
    Worüber können/dürfen wir schreiben? Die „alte“ Spinnerei und Weberei Wannweil gehört der Gemeinde nicht. Die Geschichtswerkstatt hat eine große Menge Material in Form von Fotos, Dokumenten, Filmen und Zeitzeugeninterviews aus der Zeit, als die Spinnerei und Weberei noch in Betrieb war. Kann das alles veröffentlicht werden? Gibt es Beschränkungen?Die Firma Holy ist mit sämtlichen Veröffentlichungen einverstanden. Beschränkungen gibt es nicht.
  2. Film
    Inhalte des Films:
    – Teil 1: Ausschnitt aus dem Heimatfilm von Wannweil 1962 (u.a. mit arbeitenden Mitarbeitern in der Fabrik und im Batteurgebäude, Länge 2:15 Minuten, Aufstellung Festzug in Alter Spinnerei, ca. 30 Sekunden)
    – Teil 2: Filmische Aufarbeitung der Spinnerei-Dokumentation von Walter Ott (u.a. mit Bildern vom ehemaligen Tennisplatz und vom ehemaligen Freibad)
    – Teil 3: Filmische Aufarbeitung von Fotos, Dokumenten, Filmen und Zeitzeugen-interviews aus der Zeit, als die Spinnerei (und Weberei) noch in Betrieb war (es gibt einen Mitschnitt von der Zeitzeugen-Veranstaltung von 10.01.2013 in der Bücherei)
    – Teil 4: Leben und Arbeiten in den Ateliers in der Alten Spinnerei
    – Teil 5: Aktuelle Bildimpressionen der Alten Spinnerei von Gert Klinger
    – Teil 5: Geschichte trifft auf Zukunft und Naturverbundenheit liebäugelt mit Urbanität (das Areal der ehemaligen Spinnerei Wannweil wird bebaut)
    Filmische Animation der Holy AG über die Pläne zur Neugestaltung des Gebietes, z.B. Modell abfilmen, oder virtuellen Rundgang durch das Gebiet machen und zeigen, wie das Gebiet nach der Fertigstellung einmal aussehen wird. (Die vorhandenen historischen, industriell geprägten Gebäude werden saniert und in Form von gehobener Gastronomie, Büros, Ateliers und Loftgewerbe neu genutzt, es entstehen hochwertige Reihen-, Doppel-, Einzel- und Mehrfamilienhäuser).Die Premiere des Films soll nach den Vorstellungen der Geschichtswerkstatt im Winter 2015/2016 im Batteurgebäude (max. ca. 300 Sitzplätze) aufgeführt werden.

    Gert Klinger von der Geschichtswerkstatt wird den Schnitt des Films erledigen.

    Die nächste Sitzung der Geschichtswerkstatt zur Weitentwicklung des Filmes findet am Mittwoch, 23.09.2015, 19.00 Uhr im Kleinen Saal des Rathauses statt. Eine Abordnung der Künstlerinnen und Künstler der Alten Spinnerei wird auch an dieser Sitzung teilnehmen.

  3. Ausstellung
    Die Ausstellung ist im Rathaus Wannweil vorgesehen. Zeitraum der Ausstellung: Herbst 2016
  4. Buch
    Das Erscheinen einer gedruckten Dokumentation dürfte sich nicht vor dem Jahr 2017 verwirklichen lassen. Ursprünglich war nur ein Katalog geplant, in dem Fotos, Texte und Dokumente auch nach Abbau der Ausstellung der Nachwelt erhalten bleiben sollten. Doris Scherret wird diesen Katalog erstellen.In der Diskussion stellte sich heraus, dass die Gemeindeverwaltung ein „richtiges Buch“ bevorzugen würde, da es sich als Geschenk für die zunehmende Zahl von Seniorengeburtstagen eignen würde. Auch kam der Gedanke auf, eine Text­sammlung zu erstellen, in dem mehrere Autoren die unterschiedlichsten Aspekte der Spinnereigeschichte beleuchten könnten.

    Angefragt werden soll bei diesen potentiellen Autoren (Ideenpool, noch keine Realisierung!):
    – Hermann Hipp, gebürtiger Wannweiler, ehemaliger Stadtbaumeister, Hamburg, Architekt, Historiker
    – Thomas Deuschle, Herausgeber verschiedener Reutlinger Jahrzehntbücher, ehemaliger Bewohner der Dachgeschosses der Villa (Hauptstr. 99)
    – Fachhochschule für Technik, Zusammenhang mit ehemaliger Textilindustrie in der Umgebung
    – Publikation Daimler-Benz über Fremdarbeiter in der Alten Spinnerei
    – Wanderausstellung Industrielle Entwicklung in der Region/Hochphase der Textilindustrie
    – Autor zum Thema Städtebauliche Veränderungen/Entwicklung der Klinghalde­siedlung (ehemaliges Wohngebiet der Spinnereimitarbeiter)
    Fotos Martina Lietz (Baraden)

    Auflage: 700 – 800 Stück

    Ulrike Franz wird eine spezielle „Kunst-Edition“ des Buches erstellen. Sie hat nach Rückkehr aus den USA im ehemaligen Pförtnerhaus eine Papier- und Druckwerkstatt eingerichtet, wo sie ihre neuen Kenntnisse nutzen will.

    (Anmerkung: Ulrike Franz kam 2014 von einem mehrjährigen Aufenthalt in Tuscaloosa, Alabama, zurück. An der dortigen Universität hat sie die Buch-Kunst erlernt: Vom Papierschöpfen über die Buchbinderei bis hin zum Buchdruck).

  5. Zeitplan:
Filmpremiere Winter 2015/2016, Batteurgebäude der Alten Spinnerei
Ausstellung im Rathaus Herbst 2016
Erscheinen des Buches Sommer 2017

Volker Steinmaier, 27.08.2015

Neues von den alten Dingen – die Geschichtswerkstatt berichtet

Am vergangenen Donnerstag, den 25. 06. 2015 trafen sich einige Mitglieder der Geschichtswerkstatt zusammen mit Frau Bürgermeisterin Rösch im kleinen Saal des Rathauses. Auf der Tagesordnung standen die Pläne über eine Dokumentation zur Geschichte der Spinnerei, über Aktivitäten beim „Tag des offenen Denkmals“ am 13.09.15, sowie die Weiterführung des Projektes „Farrenstall“. Mit diesem Punkt wurde begonnen.

Nachdem der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung am 18.06.15 der Nutzung des alten Farrenstalls als einem Magazin für erhaltenswerte Dinge aus der Gemeindehistorie zugestimmt hat, geht es nun an die praktische Umsetzung der damit verbundenen Ideen. Geschichtswerkstatt und Frau Rösch waren sich einig, dass eine Grundreinigung, nach vorheriger Vergitterung der Einflugmöglichkeiten für Vögel, vorgenommen werden sollte, bevor die ersten Exponate – in dem Fall ausgemustertes Schulmobiliar aus der Uhlandschule – eingeräumt werden kann. Ferner muss über die Einrichtung eines WC’s, sowie einer ordentlichen Treppe zur Erschließung des Heubodens nachgedacht werden. Hier würde sich eine außen angebrachte Eisengittertreppe anbieten, die damit auch den Anforderungen der neuen Brandschutzverordnung genügen würde.

Nachdem Frau Ulrike Franz, eine der Künstlerinnen der „Ateliergemeinschaft Spinnerei“ eingetroffen war, besprach man den Zeitplan für die vorgesehene Dokumentation über die Spinnerei Wannweil. Von Seiten der Fa. Holy gibt es keine Vorbehalte dagegen und somit kann mit den Arbeiten am Filmprojekt begonnen werden. Ein wünschenswerter Premierentermin wäre der Winter 2015/16. Die Ausstellung im Rathaus kann sicher nicht vor dem Sommer nächsten Jahres realisiert werden. Das Erscheinen einer gedruckten Dokumentation dürfte sich nicht vor dem Jahr 2017 verwirklichen lassen. Ursprünglich war nur ein Katalog geplant, indem Fotos, Texte und Dokumente auch nach Abbau der Ausstellung der Nachwelt erhalten bleiben sollten. In der Diskussion stellte sich heraus, dass die Verwaltung ein „richtiges Buch“ bevorzugen würde, da es sich als Geschenk für die zunehmende Zahl von Seniorengeburtstagen eignen würde. Auch kam der Gedanke auf, eine Textsammlung zu erstellen, in dem mehrere Autoren die unterschiedlichsten Aspekte der Spinnereigeschichte beleuchten könnten.

Desweiteren wurde die Gestaltung des „Tages des offenen Denkmals“  besprochen. Da es diesmal um Industriegeschichte geht, würde sich eine Führung im Wasserwerk der Spinnerei und eine Wanderung entlang des Kanals anbieten. Zum Abschluss des Abends zeigte Herr  Gert Klinger ein Videointerview mit Herrn Helmut Kern, der Zeit seines Lebens unmittelbarer Nachbar des Farrenstalls war und viel und sehr lebendig aus seiner eigenen und der Vergangenheit dieser Gemeindeeinrichtung zu berichten wusste. Auch Herr Fritz Gogel, jahrzehntelang Vorsitzender des Reitvereins, konnte in diesem Film Manches zum Thema beitragen. Als die Sitzung gegen 21.30 h schloss, war allen Beteiligten klar, dass viel – aber sehr spannende – Arbeit auf sie wartet, sowohl was den Farrenstall, als auch den Film, die Dokumentation und die Ausstellung über die Spinnerei, betrifft.

Apropos „Ausstellung“! Waren SIE schon im Rathaus und haben SIE die Vitrinen mit den Exponaten über Krieg und Nachkriegszeit in Wannweil  angeschaut? Wenn nicht, so haben SIE noch einige Wochen Zeit, dies zu tun! Ein ganz besonderes Ausstellungsstück möchten wir IHNEN heute vorstellen: NS Propagandaminister Goebbels „beste Idee“ – den Volksempfänger VE 301, produziert ab dem Jahre 1933. Er stammt aus dem Familienbesitz von Herrn Schreinermeister Walter Ott und war von 1934 bis in die frühen 50iger Jahre in Benutzung. Im August 1933 war dieser Typ auf der 10. Großen Deutschen Funkausstellung in Berlin vorgestellt worden. Die Bezeichnung „VE 301“ verwies auf den 30. Januar 1933, dem Tag der Machtergreifung der NSDAP. Sämtliche Rundfunkfirmen im Deutschen Reich waren verpflichtet, den auf Veranlassung des Propagandaministers entwickelten Radioapparat baugleich zu produzieren. Durch Standarisierung und kostengünstige Serienfertigung sollte der technisch einfache und schlicht gestaltet Volksempfänger für jeden Haushalt finanziell erschwinglich sein und somit erhöhte sich die Ausstattung der deutschen Haushalte mit Radiogeräten zwischen 1933 und 1941 von 25 auf 65 Prozent. Genaue Instruktionen des Ministeriums für Propaganda regelten bis ins kleinste Detail die Berichterstattung des Mediums. Um einer aus Überdruss von der NS-Propaganda resultierenden Abwendung der Hörer entgegenzuwirken, nahmen auf Anweisung von Goebbels zahlreiche Wunschkonzerte, Unterhaltungssendungen, Hörspiele, sowie im Zweiten Weltkrieg zusätzlich die Wehrmachtsberichte, einen festen Platz in den Programmen ein. Nach dem Zusammenbruch von Nazideutschland wurden viele Radios von den Siegermächten konfisziert oder fielen dem Modernisierungswahn der 50iger Jahre zum Opfer. Unser Ausstellungsstück ist deswegen eine absolute Rarität – aber auch alle anderen Objekte lohnen einer genaueren Betrachtung. Sollten SIE Auskünfte zu einzelnen Dinge wünschen – Herr Ott ist IHNEN gerne behilflich.