Seit 142 Jahren in Familienbesitz endete nun diese Tradition. 35 Jahre haben Günther Kern und seine Frau Doris das Geschäft geführt, sein 1920 geborener Vater Walter, der noch bis ins hohe Alter mitarbeitete, brachte es auf 28 Betriebsjahre. Lange haben Günther und Doris Kern erfolglos nach einem Nachfolger gesucht. Jetzt haben sie sich dazu entschlossen, aufzuhören und das Geschäft zu schließen. Die Metzgerei Kern hatte am 31. Januar 2015 letztmals geöffnet. Die Familie Kern und ihre Mitarbeiter bedanken sich bei ihren Kunden für die jahrelange Treue.
Günther und Doris Kern
Metzgerei Kern in Wannweil – Eine kleine Familien- und Betriebsgeschichte
Der Kirchentellinsfurter Metzger und Bäckersohn Christian Kern heiratete 1873 nach Wannweil. Mit seiner Frau, Margaretha Maria geb. Luz aus Altensteig betrieb er hier eine Metzgerei. Sohn Paul, das vierte von acht Kindern, erlernte auch das väterliche Handwerk und verheiratete sich 1912 mit der Bäckerstochter Emma Klett. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor. Sohn Walter, 1920 geboren, übernahm nach dem Krieg die väterliche Metzgerei und übergab den Betrieb vor etwa 35 Jahren an seinen einzigen Sohn Günther. Es ist beachtenswert, wenn ein Handwerksbetrieb über vier Generationen weitergereicht wird.
Die Geschichtswerkstatt konnte am 30. Dezember 2014 die Betriebsräume der Metzgerei besichtigen. Im Laden waren die langjährigen Fleischerei-Fachverkäuferinnen tätig. In der Wurstküche wurden gerade Maultaschen gekocht. Das Metzger-Ehepaar Kern erklärte bereitwillig die Funktionsweise der einzelnen Maschinen.
Das Schlachthaus ist seit 1995 nicht mehr in Betrieb. Durch die EU-Richtlinien lohnte sich auch für die Metzgerei Kern das Schlachten im eigenen Hause nicht mehr. Die relativ moderne Ausrüstung ist aber noch vorhanden.
Zwischen der Bäckerei Klett und der Metzgerei Kern stand das Haus des Schmieds Gaiser, dessen Bauplatz die Nachbarn Klett und Kern je zur Hälfte zur Erweiterung ihrer Betriebe nutzten. Das Haus des Schmieds Gaiser wurde um 1975 abgebrochen.
Aber nicht nur der Einblick in die Betriebsräume war interessant. Metzgermeister Kern berichtete von einer Holzhütte an der Echaz. Dort wurden die Sauen eingesperrt. Montags wurden die Schweine geschlachtet. Dienstags waren die Rinder an der Reihe. Natürlich kam das Schlachtvieh aus Wannweil und den umliegenden Dörfern. Lange Transporte gab es nicht. Metzgermeister Kern betrieb etwa 10 Kühlmaschinen mit Wärmerückgewinnung.
Ein unscheinbarer Wasserhahn auf dem – auf der anderen Seite der Hauptstraße liegenden – Kundenparkplatz der Metzgerei Kern erinnert noch daran, dass damals die Viehanhänger noch mit Wasser gereinigt wurden. Heute kann sich niemand mehr vorstellen, wie mitten im Ort Vieh zum Schlachten transportiert wurde. Das Brüllen des Schlachtviehs gehörte natürlich damals genauso dazu wie heute der Autoverkehr, der in den letzten Jahrzehnten immer mehr zugenommen hat.
Geschichtswerkstatt Wannweil (Botho Walldorf, Walter Ott, Volker Steinmaier)
Schade dass noch ein Traditionsbetrieb schließen muss, wünsche aber der Familie Kern alles Gute in der kommenden Zeit.