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Feldpost 1914

 

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Feldpostkarte Foto: Verwundete gefangene Franzosen in Münsingen.

Postkarte von Ludwig Gutbrod Reutlingen, Ottilienstr. 12 an Landwehrmann Martin Knoblich Schweinfurt, Reserve-Lazarett.
Reutlingen, 22. September 1914, Lieber Schwager! Da Du schon so lange fort bist und die Versprechen mir einmal zu schreiben bis jetzt nocht eingelöst hast, sind wir begreiflicher Weise in Sorge wie es Dir geht, insbesondere, wenn wieder eine Hiobsbotschaft kommt.  Ich bitte Dich deshalb um Mitteilung, insbesondere über den Verlauf Deiner Heilung und wünsche Dir von Herzen gute Besserung. Herzlich grüßt Dich Dein Schwager Ludwig mit Familie.

 

„Grüße aus dem Schützengraben“ 3. April 1916

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Feldpostkarte, Motiv: Soldat Jakob Steinmayer, Feldwebel,
geb. 23 Feb 1874 in Wannweil

Von Jakob Steinmayer, Feldwebel an Anna Steinmayer, Amtsdieners Witwe, Wannweil.
Frankreich, den 3.4.1916. Meine Lieben Die herzlichsten Grüße von Frankreichs Bodensendet Euer Schwager und Onkel Jakob Steinmayer Feldwebel. Württ. Bewachungskompanie des Kriegsgefangenen Arb. Bat. No. 80 Armee Abt. von Strantz.
Gemeint ist Anna Steinmayer geb. Walz, geb. 15 Jan 1858 in Betzingen, gest 1941 in Wannweil,  Frau von Polizeidiener Christian Steinmayer, geb. 20 Nov 1853 in Wannweil, gest. 1911,
deren Kinder: Maria, Pauline Anna und Emma.

 

Eröffnung der Ausstellung „Grüße aus dem Schützengraben, Wannweiler im Weltkrieg 1914/1918“

Am Donnerstag, den 31. Juli 2014 wurde im Rathaus Wannweil die Ausstellung „Grüße aus dem Schützengraben, Wannweiler im Weltkrieg 1914/1918“ eröffnet. Das Datum war auf den Tag genau vor 100 Jahren der Vorabend vom Beginn des Ersten Welt­krieges. Walter Ott stellt in dieser Ausstellung im Rah­men der Geschichtswerktstatt Wannweil Feld­post­karten aus und Fotos vom Kriegsalltag sowie Gegen­stände, welche alle einen Bezug zur Region, besonders aber zu den ehe­maligen Soldaten unserer Gemeinde herstellen.

Bürgermeisterin Anette Rösch konnte über 100 interessierte Bürger im Ratssaal begrüßen. Rund 150 Exponate seien in der Ausstellung vereint. Walter Ott, der Vorsitzende der Geschichtswerkstatt, habe aus seinem Verwandten- und Bekanntenkreis die meisten Schau-Stücke beigesteuert, vor allem Feldpostbriefe mit teils im Stil einer Propaganda vorgefertigten, teils mit sehr persönlichen Fotos ausgestatteten Karten. Die Texte habe Ott neu auf der Maschine geschrieben und neben die Feldpostkarten gestellt, stellte die Bürger­meisterin anerkennend fest.

Auch Walter Ott zeigte sich, als er die Ausstellung erläuterte, erfreut über die zahlreichen Gäste.

Nach einem Musikstück für Flöte (Claudia Kalmbach-Ott) und Klavier, (Sabine Finckh) folgte ein spannender Vortrag von Dr. Ulrich Hägele, Medienwissenschaftler der Universität Tübingen. Er kommentierte Kriegsfotos von Wannweiler Bürgern in seiner Einführung. Film­sequenzen und Tondokumente aus überregionalen Archi­ven dienten der Einstimmung auf das Thema.

Zunächst sprach der Referent das Thema „Erinnern statt vergessen“ an. An die Toten erinnern in Wannweil noch zwei Gedenktafeln. Diese waren ab 1919 an gut sichtbaren Plätzen in der Johanneskirche und im Rat­haus aufgehängt. Ab den 1970-er Jahren konnten dafür doch noch würdige Plätze in der romanischen Turm­kapelle und in der Friedhofshalle gefunden werden. Die Tafeln wurden für die Ausstellung extra geholt. Sie gehören zu den wichtigsten Groß-Exponaten.

Beeindruckend vom Krieg im Westen war der Ausschnitt aus dem Spielfilm aus 1957 von Stanley Kubrick, „Wege zum Ruhm“ mit Kirk Douglas, welche die aus dem Schützengraben heraus geführten Angriffe anschaulich darstellten. Der Krieg im Osten endete mit dem Frieden von Brest-Litowsk im Februar 1918. In Wannweil ist ein Foto erhalten geblieben, wo sich Weihnachten 1917 deutsche und russische Soldaten verbrüdern.

Die Verbindung zur Heimat wurde mit der (kostenlosen) Feldpost aufrechterhalten. Der Hunger und Verwundete bestimmten zunehmend das Bild. Es gab aber auch Freizeit an der Front. Das bezeugen Fotos vom Baden, vom Musik machen und von Weihnachtsfeiern. Von den ausgestellten Objekten sind vor allem die originalen Fotos interessant, die Einzelstücke sind und die nicht als offizielle Ansichtskarten vervielfältigt wurden. Die Postkarten unterlagen ja auch der strengen Zensur.

Besondere örtliche Geschichtsquellen stellen die Fotoalben von Wilhelm Hipp (1892-1945), Ernst Hoch (1895-1986), Jakob Walz (1897-1980) und der Familie Lumpp dar. Die Fotografie von der Ostfront „Andenken an Weihnachten 1916“ zeigt Wilhelm Hipp mit einer Ziehharmonika. Auf dem Maschinengewehr steht ein kleines Christbäumchen, dahinter ein großer Christbaum. „Sonst geht´s mir gut“ schreibt Hipp an seinen Vater Johannes Hipp, damals wohnhaft in der Bahnhofstraße in Wannweil. Wilhelm Hipp, der Vater von Manfred und Tilla Hipp, wurde am 22. Februar 1945 Zivilopfer eines Luftangriffs auf Reutlingen. Hägele zeigte auch eine Feldpostkarte vom 6. Mai 1918. Dargestellt ist Gustav Gutbrod am Grabe seines Schwagers Martin Knoblich, der am 20.05.1917 gefallen ist.

Aus dem im April 2014 von Margarete Mayer übergebenen Fotoalbum zeigte Ulrich Hägele eine Feld-Postkarte „Soldaten beim Postverteilen“. Die Feldpost­karten wurden meist im Schützengraben geschrieben. Fotokonservatorisch ist bedeutsam, dass diese hand­gefertigten Baryt-Fotos 100 Jahre in hervorragendem Zustande überdauert haben.

Durch die ab 2000 Allgemeingut gewordene Digitalisier­ung können die Fotos auch bei Präsentationen wie dieser in guter Qualität mit einem Beamer gezeigt werden. Ein Teil des Bildmaterials der Ausstellung wird in Zukunft in säurefreien Archivboxen im Gemeinde­archiv und nicht mehr in Privathaushalten aufgehoben. Dort vermindert jeder Generationen Wechsel das histori­sche Material. Mit zunehmender Zeitferne geht der Bezug verloren. Im Gemeindearchiv können die künftigen Interessenten leichter unsere Exponate wieder­finden.

Volker Steinmaier, der stellvertretende Vorsitzende der Geschichtswerkstatt, betonte, dass die ehemalige Gerlinger Museumsleiterin Heidi Rothe schon gestern zu Besuch im Rathaus gewesen sei. Frau Rothe sei begeistert gewesen von dieser, nach ihren Worten „hochprofessionellen Ausstellung, die gar nicht über­frachtet sei, sondern locker und leicht. Die Bilder und Postkarten würden übersichtlich präsentiert. Die Liebe zu den Details sei einmalig.“ Ein schöneres Lob könne man sich eigentlich nicht vorstellen, meinte Steinmaier. Das Lob gebühre aus­schließlich Walter Ott.

Gegen Ende der Veranstaltung wurden die Aus­stellungs­macher Walter Ott, Volker Steinmaier und Botho Walldorf stellvertretend für das ganze Team der Geschichtswerkstatt Wannweil von Bürgermeisterin Anette Rösch mit einem Präsent geehrt.

Weitere Informationen zum Ersten Weltkrieg auf ört­licher Ebene erschließen sich durch einen persönlichen Besuch der Ausstellung. Die Ausstellung im Rathaus ist zu den üblichen Öffnungszeiten zugäng­lich. Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag von 8.30 bis 11.30 Uhr. Dienstag zusätzlich von 16.30 bis 18.30 Uhr. Für Gruppen auch nach Vereinbarung. Letzter Öffnungstag ist am Sonntag, 12. Oktober 2014. von 13.30 bis 17.30 Uhr.

Sie finden die Geschichtswerkstatt Wannweil im Internet unter www.geschichts­werkstatt.wannweil.de.

Walter Ott und Dr. Ulrich Hägele zur Einführung

DSCF4600 DSCF4602 DSCF4603 DSCF4605 DSCF4606 DSCF4607Auch Walter Ott war erfreut über die zahlreichen Gäste und erläuterte seine Ausstellung. Die vielen Postkarten und leider so wenige Briefe waren kein Hinderniss, so eine Ausstellung auf die Beine zu stellen.

Dr. Ulrich Hägele brachte mit seiner Dia-Show und seinen detailierten Ausführungen über den 1. Weltkrieg die Zuhörer in seinen Bann. Ein Mitschnitt auf Band einer Zeitzeugin Jahrgang 1905 war beeindruckend.