In diesen Tagen weilt der derzeitige Dekan Mohr vom Ev. Kirchenbezirk Reutlingen in Wannweil, um sich im Rahmen der aktuellen Kirchenvisitation über die Aktivitäten der kirchlichen Gruppen ein Bild zu verschaffen.
Nach wie vor ist der Ev. Kirchenbezirk Reutlingen nicht deckungsgleich mit dem politischen Landkreis Reutlingen. Mit den ehemals hohenzollerischen Kirchengemeinden Trochtelfingen und Gammertingen endet der weitläufige Dekanatsbezirk Reutlingen immer noch bei Veringendorf im Laucherttal. Bekanntlich gehörten diese Kirchengemeinden bis 1950 zur Evangelischen Landeskirche der Altpreußischen Union.
An das Wirken der Dekane Macholz (um 1960), Heinrici (um 1987), Askani, Dinkelaker (um 1994) sei erinnert.
Ein Visitationsbericht von der letzten Kirchenvisitation gelangte auch ins Gemeindearchiv Wannweil.
Am Donnerstag, den 27. März 2014 wohnte Dekan Mohr einer Kirchenchorprobe bei. Bekanntlich wurde der Kirchenchor Wannweil schon 1936 gegründet. Langjähriger Kirchenchorleiter war der Lehrer Erich Holder (gest. 2012). In neuerer Zeit, – also in den 1990er Jahren waren das Frau Martin, Herr Dr. Minden-Bacher und seit 2012 Michael Stadtherr. Dekan Mohr erkundigte sich, wie die Zusammenarbeit mit dem Kirchenchor in Gönningen zu einem gut besuchten Kirchenkonzert zustande kam. Leider leidet der ev. Kirchenchor Wannweil auch unter Nachwuchsmangel. An den kirchlichen Hochfesten tritt der Chor auf jeden Fall immer auf. Zum 50-jährigen Bestehen des Kirchenchors Wannweil im Jahre 1986 machte der Schreinermeister und damalige Kirchengemeinderat Walter Ott eine viel beachtete Ausstellung über Gesangbücher und Bibeln in der Filiale Wannweil der Kreissparkasse Reutlingen.
Man kann der Württembergischen Landeskirche dankbar sein, dass sie sich weiterhin die Mühe macht, Berichte über Kirchenvisitationen zu erstellen. So ist es möglich, die sozialen Verhältnisse in einer Kirchengemeinde Generationen zurück zu verfolgen.
Die Kirchenvisitations-Protokolle sind eine wichtige Quelle zur Wannweiler Geschichte. Es werden ja Berichte zum Schulwesen, Freizeitverhalten und zur Außenwirkung der Kirchengemeinde angefertigt.
Die Visitationsberichte gelangen auch ins Landeskirche Archiv in Stuttgart, wo sie gut archiviert werden.
Schon für das Jahr 1818 sind Kirchen-Visitationsberichte aus Wannweil bekannt. Damals wurde die Enge der romanischen Kirche bedauert und eine Vergrößerung des Sakralbaus gefordert. In den Visitationsberichten des 19. Jahrhunderts wird immer wieder moniert, warum nicht endlich mit der Erweiterung der Kirche begonnen wird. Diese war ja seit dem Choranbau von 1488 in den folgenden Jahrhunderten nie erweitert worden, trotz steigender Bevölkerung.
Auch über die Zeit der Kirchen-Erweiterung 1890/91 geben uns die seinerzeit verfassten Kirchen-Visitationsberichte Auskunft. Die Industrialisierung Wannweils brachte nicht nur Wohlstand und Geld in das Dorf, sondern auch sittlichen Verfall, wie die Visitationsberichte um 1910 dokumentieren.
Die Kirchen-Visitationsberichte aus der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft sind 2014 ebenfalls eine erstrangige Geschichtsquelle, die bisher noch nicht ausgewertet oder publiziert wurde.
Natürlich sind Kirchenvisitationsberichte nicht-öffentlich. Bei berechtigtem Geschichtsinteresse wird aber sicher der im Dezember 2013 neu gewählte evangelische Kirchengemeinderat von Wannweil Interessenten einen Einblick gewähren.
Botho Walldorf